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Pressestelle

Generalstaatsanwaltschaft Naumburg
Pressesprecher:
OStA Klaus Tewes
Tel.: 03445 28-1732
Fax: 03445 28-1700
E-Mail: presse.gensta(at)justiz.sachsen-anhalt.de

Pressemitteilungen der Generalstaatsanwaltschaft

Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder einer Chat-Gruppe in Ermangelung hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

23.06.2023, Naumburg (Saale) – 04/2023

  • Generalstaatsanwaltschaft

Den acht vormals Beschuldigten war zur Last gelegt, in einer Chat-Gruppe, die insgesamt
zwischen 21 und 25 Teilnehmer umfasste, in der Zeit vom 27.9.2017 bis zum 30.12.2021
inhaltlich inkriminierte Chats verfasst und anderen Gruppenmitgliedern zur Kenntnis gebracht
zu haben.

Der Anfangsverdacht der Volksverhetzung (§ 120 StGB), der Gewaltdarstellung (§ 131
StGB) oder der Verbreitung pornographischer Inhalte (§ 184 StGB) hat sich nicht bestätigt.
Gleiches gilt für das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
(§ 86a StGB), die öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB), die Störung des
öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB), die Anleitung zu
Straftaten (§ 130a StGB) und die Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB) sowie
für die Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Inhalte (§ 184a StGB).
In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für die Begehung der vorgenannten
Straftaten im Sinne von § 170 Abs. 1 StPO hat die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg das
bei ihr anhängige Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 20.6.2023 insgesamt eingestellt.

Die Verfahrenseinstellung fußte im Wesentlichen auf folgenden Gesichtspunkten:

Zum einen wären etwaige, länger zurückliegende Straftaten – ihre Begehung unterstellt –
bereits gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 bzw. Nr. 5 StGB verjährt. Zum anderen lag ein
Zugänglichmachen des Chats gemäß §§ 130 Abs. 2, 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b, 184 Abs. 1 Nr.
1 und Nr. 5 StGB an Personen unter 18 Jahren nicht vor. Darüber hinaus mögen die Inhalte
einiger Chats zwar moralisch auf tiefster Stufe stehen und verachtenswert sein; eine
vorsätzliche Erfüllung der oben genannten Strafnormen kann ihnen indes nicht ohne
Weiteres entnommen werden. Es mangelte teilweise an einem Verbreiten, teilweise an einer
Störung des öffentlichen Friedens. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sind sämtliche
Nachrichten ausschließlich innerhalb der Chat-Gruppe ausgetauscht worden. Bei der Gruppe
handelte es sich um einen homogenen, geschlossenen Klassenverband. Ein Fall der sog.
Kettenverbreitung (Zugänglichmachung von Inhalten an einen größeren Personenkreis) war
den Beschuldigten nicht nachzuweisen (vgl. auch LG Frankfurt a. M., Beschluss vom
13.2.2023, 5/6 KLs 1/22; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 86a Rn. 15a, § 74d Rn. 4).
Außerdem fehlte dem Chat eine unüberschaubare kommunikative Wirkung i. S. einer
Friedensgefährdung. Ein auf das Verbreiten und die Friedensgefährdung gerichteter
Tatvorsatz war den Beschuldigten in subjektiver Hinsicht ebenfalls nicht nachzuweisen.
Einzelne Abbildungen waren zweifelsohne polemisch, provokant, grotesk, anstößig,
geschmacklos-abstoßend, antisemitisch und rassistisch, sie erfüllten aber noch nicht die
objektiven Merkmale der vorbezeichneten Strafnormen, weil entweder eine Verharmlosung
des Holocausts nicht vorlag oder weil eine Aufstachelung zum Hass o. ä., zum Teil aber
auch überzeugte fremdenfeindliche oder rechtsextreme Tendenzen der Beschuldigten nicht
festgestellt werden konnten.

Die Einschätzung, ob die Inhalte der Chats – unabhängig von deren strafrechtlicher
Beurteilung – Anlass zu Disziplinarmaßnahmen geben, unterfällt nicht der Zuständigkeit der
Generalstaatsanwaltschaft.

Tewes
(Pressesprecher)

Impressum:
Generalstaatsanwaltschaft Naumburg
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Curt-Becker-Platz 6
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Mail: presse.gensta@justiz.sachsen-anhalt.de
Web: www.gensta.sachsen-anhalt.de

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